Statt einheimischen Blumen blüht Greenwashing
Auf einer Gartenreise in Deutschland haben wir eines der grossen, regionalen Gartencenter besucht. Auf dem immensen Parkplatz war schon zu früher Morgenstunde einiges los und das mitten in der Woche.
Es ist eine Anlage mit ausgedehnter Verkaufsfläche und weitreichendem Schaugarten. Im Garten wachsen ausschliesslich Pflanzen, die bei uns nicht heimisch sind. Der Rasen ist getrimmt und unkrautfrei. Die Rosen und andere Zierpflanzen sind mit Mitteln gegen Läuse und andere unerwünschte «Schädlinge» behandelt.
Im Gartencenter lachen uns Accessoires, Dünger, Pflanzenschutzmittel, Werkzeuge und günstige Gartenmöbel an. Auf Rückfrage, woher die einzelnen Produkte stammen, gibt es ein Kopfschütteln oder Schulterzucken der Mitarbeitenden. Auf einigen der Artikel ist nachzulesen, dass sie aus weit entfernten Weltteilen stammen.
Nach dem Trip durch die Hallen setzen wir uns ins Gartenbistro. Hier kann man sich mit Getränken und Speisen den Bauch vollschlagen. Bei den Servietten steht auf einem grossen Schild: «Tun Sie etwas für die Umwelt, nehmen Sie nur so viele Papierservietten wie Sie wirklich brauchen!» Ich dachte im ersten Moment, ich sehe nicht richtig … Der Garten und der ganze Laden sind eine einzige Umweltsünde, aber bei den Servietten soll ich etwas für die Umwelt tun. Mir bleibt die Spucke weg ab so viel Sarkasmus.
Ich staune: Plötzlich sind alle Unternehmen nachhaltig und umweltfreundlich unterwegs. Sozusagen über Nacht sind Betriebe nachhaltig, die vor kurzer Zeit noch «Dreckschleudern» waren. Ich hoffe, dass ich nicht der Einzige bin, der dieses Greenwashing durchschaut und nicht überall an Nachhaltigkeit glaubt, wo sie draufsteht.
Gelebte Umweltverträglichkeit
Einen Tag zuvor haben wir auf unserer Reise echte Nachhaltigkeit erlebt. Wir hatten ein Zimmer in einem Hotel mitten in Bayreuth gebucht. Dieses besteht, so erfuhren wir vor Ort, seit mehr als 270 Jahren. Es wurde im Laufe der Jahre immer wieder renoviert, saniert und wo nötig erneuert oder ergänzt. Die Zimmer liegen verwinkelt auf drei Etagen verteilt. Auf dem Holzboden liegen alte, gewobene Teppiche, und an den Wänden hängen antike Ölgemälde. Die Zimmer sind grosszügig ausgelegt und altehrwürdig ausgestaltet. Das Frühstück wird serviert, es gibt kein Buffet und somit auch keinen Food Waste. Der Gast bekommt, was er bestellt und zu Essen vermag. Wer mit dem Auto anreist, parkiert sein Fahrzeug im Hinterhof auf einer Abstellfläche. Wer mit dem ÖV anreist, steigt direkt vor dem Hoteleingang aus dem Bus. Die ganze Stadt ist fussläufig erreichbar. Das ist in meinen Augen gelebte Nachhaltigkeit – ohne Hinweisschilder, die betonen, wie umweltbewusst das Hotel betrieben wird.